Für die ausführlichen Landschaftsdarstellungen in den Reiseerzählungen, die detailreiche Beschreibung von Kleidung, Aussehen, Ausrüstung und Lebensweisen der Indianer – was nicht mit korrekt gleichzusetzen ist – konnte Karl May zwar nicht auf eigene Erfahrungen zurückgreifen, aber er nutzte Quellen wie George Catlins 1848 in deutscher Sprache erschienenen Bericht Die Indianer Nord-Amerikas oder Albert Samuel Gatschets Zwölf Sprachen aus dem Südwesten Nordamerikas aus dem Jahr 1876. Der Maler Catlin war zwischen 1830 und 1836 durch Amerika gereist und hatte seine Erfahrungen mit der Kultur und der Religion der Indianer, ihrer Kleidung, ihren Waffen, der Tier- und Pflanzenwelt in Buchform publiziert und seinen Text mit 24 „nach d. Natur entworfenen Gemälden“ versehen. May besaß die deutsche Übersetzung, die sich noch heute in seiner Bibliothek befindet.
Und auch auf literarische Vorbilder konnte er zurückgreifen: James Fenimore Coopers Lederstrumpf-Romane mit ihrer Mischung von Landschaftsbeschreibungen und Abenteuerhandlung waren in Deutschland überaus beliebt. Cooper (1789-1851) idealisiert die Indianer, übt Kritik an den Zuständen in Amerika und steht damit der europäischen Amerikabegeisterung eigentlich entgegen. Hier sah man nämlich in den Vereinigten Staaten das republikanische Vorbild für die eigenen demokratischen Bestrebungen. Der Österreicher Charles Sealsfield (1793-1864) war mehrfach in Amerika und schrieb eine Reihe von Abenteuerromanen (u.a. Der Legitime und die Republikaner), die im Gegensatz zu Coopers Texten die sich ausbreitende amerikanische Zivilisation rühmen und die Kultur der Indianer als eine archaisch-feudale darstellen. Friedrich Gerstäcker (1816-1872) verfasste zuerst Reisebeschreibungen, bevor er sich dem Genre des Abenteueromans (z.B. Die Regulatoren in Arkansas, Die Flußpiraten des Mississippi) zuwandte. Seine Romane sind unpolitischer als die von Sealsfield und vor allem auch romantisierender, aber ebenso detailreich. Neben Ausführungen zu Land und Leuten finden sich in seinen Texten immer wieder „Fußnotenzitate aus authentischen Texten“ (Rainer Jeglin). Und auch Balduin Möllhausen (1825-1905), der drei längere Reisen nach Nordamerika unternommen hatte, schrieb sowohl Reiseberichte (Tagebuch einer Reise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee) als auch Abenteuererzählungen (Die Mandanenwaise). Im Anschluss an eine dieser Reisen, eine Expedition von der Ost- an die Westküste, publizierten Teilnehmer 1855 den Report upon the Indian Tribes, den Möllhausen mit Zeichnungen und Aquarellen versah.
May selbst kam erst im September 1908 nach Amerika. Er blieb eine Woche in New York, reist dann über Albany und Buffalo an die Niagara-Fälle. Von dort aus unternahm er Ausflüge u.a. in das Gebiet der Tuscarora-Indianer. Im Oktober war May dann in Massachusetts und bereits im November reiste er wieder nach Europa. Viel kann er von seinen „geliebten“ Indianern nicht gesehen haben. Fast alles hatte er aus Büchern!